Bewegungsjagden gehören zu den spannendsten Jagdarten überhaupt. Wenn Wild kontrolliert in Bewegung gebracht wird, verlangt das höchste Konzentration, klare Kommunikation und kompromisslose Sicherheit. Gleichzeitig herrscht oft Verwirrung: Was unterscheidet Drückjagd von Treibjagd – fachlich und rechtlich? Dieser Beitrag ordnet die Begriffe, zeigt die Praxisunterschiede und gibt Entscheidungshilfen für das eigene Revier.
INHALT
▼ Drückjagd vs. Treibjagd: Kurzvergleich
▼ Treibjagd: Ablauf & Treibformen
▼ Drückjagd: Ablauf & Praxis
▼ Welche Jagdart passt zum Revier?
▼ Gesetzliche Regelungen (Bund & Länder)
▼ Teilnahme mit Jugendjagdschein
▼ Hunde auf Bewegungsjagden – Pflicht & Praxis
▼ Sicherheit & Waidgerechtigkeit
▼ Häufige Fragen (FAQ)
▼ Fazit
Drückjagd vs. Treibjagd: Kurzvergleich
Bevor wir vergleichen, kurz die Einordnung: Drückjagd und Treibjagd sind beides Formen der Bewegungsjagd. Das hilft, die Begriffswelt sauber zu trennen – und erklärt, warum Gesetze oft keine harte Linie zwischen beiden ziehen. Der Deutsche Jagdverband (DJV) ordnet die Drückjagd fachlich sogar als Unterart der Treibjagd ein.
Definition Bewegungsjagd: Jagdarten, bei denen Wild bewusst in Bewegung gebracht wird – dazu zählen Treibjagd (klassisch auf Niederwild) und Drückjagd (auf Schalenwild).
Unterschiede Drückjagd vs. Treibjagd
Die folgende Tabelle liefert die wichtigsten Unterschiede auf einen Blick. Details und Praxisbeispiele folgen im Anschluss.
Merkmal | Drückjagd | Treibjagd |
---|---|---|
Zielwild | Schalenwild (Reh-, Rot-, Dam-, Schwarzwild) | Niederwild (Hase, Fasan, Rebhuhn, Ente) |
Typische Waffe | Büchse mit Drückjagdglas/Rotpunkt | Flinte mit Schrot |
Art des Treibens | Ruhig/moderat; Hunde arbeiten spur-/fährtenlaut | Variabel: leise (Streife) bis laut (böhmische Streife, Kessel) |
Typisches Gelände | Wald, deckungsreiche Bestände | Feld- & Niederwildreviere |
Hunde-Einsatz | Stöbern & Nachsuche | Aufstöbern, Apport, Nachsuche |
Merke: Drückjagden zielen auf vertraut ziehendes Schalenwild ohne Hetzen. Treibjagden bewegen Niederwild aktiver – die Lautstärke richtet sich nach der gewählten Treibform.
Treibjagd: Ablauf & Treibformen
Die Treibjagd ist die klassische Bewegungsjagd im Feld und auf Niederwild. Ihr Charakter entsteht aus Rhythmus und Teamarbeit: Treiberkette, Flankenschützen, kurze, dynamische Schussmomente. Je nach Gelände und Besatz kommen unterschiedliche Treibformen zum Einsatz.
Streife: leises Vorwärts, späte Chance
Bei der einfachen Streife zieht die Treiberkette leise in Linie durchs Feld. Ziel ist, dass Hase oder Fasan erst kurz vor den Schützen hochwerden. Das verlangt Disziplin in Tritt und Takt – und bewahrt die Schüsse für den optimalen Moment.
Böhmische Streife: kontrollierte Lautstärke, gesicherte Flanken
Hier unterstützen Flankenschützen das Vorwärts der Treiberkette. Lautere Signale halten die Linie dicht; Ausbrüche des Wildes werden erschwert. Ideal, wenn Struktur und Bewuchs Schlupflöcher bieten.
Kesseltreiben: Kreis schließen, Sicherheit erhöhen
Das Revierstück wird kreisförmig umstellt. Auf Signal „Treiber in den Kessel“ schiebt sich die Linie nach innen, Schüsse erfolgen ausschließlich nach außen. Das erfordert klare Zeichen und höchste Aufmerksamkeit – und ist ein Paradebeispiel für gelebte Sicherheitskultur.
Vorstehtreiben & Erntejagd
Beim Vorstehtreiben bringt die Kette Wild aus Hecken und Feldgehölzen. Eine Sonderform ist die Erntejagd: Hier übernimmt die Mäh- oder Häckseltechnik das „Treiben“, während Schützen die Feldränder besetzen. Mehr dazu im Ratgeber Erfolgreiche Erntejagd.
Praxisbeispiel: Spätherbst, Raps und Stoppeln wechseln sich ab. Die Treiberkette arbeitet langsam, der Wind steht. Ein Fasan drückt lange – hebt erst vor dem linken Flügel ab. Zwei schnelle Schwenks, ein sicherer Schrotschuss. Genau dafür ist die Flinte gebaut.
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Für reibungslose Abläufe im Feld – komprimiert zum Durchgehen vor dem Treiben:
Ausrüstung & Vorbereitung | ✔️ |
---|---|
Flinte, passende Schrotstärken, Patronentasche | ☐ |
Wetterfeste, robuste Kleidung; ggf. Stiefel/Wathose (Wasserwild) | ☐ |
Apportierhund (geführt) oder abgestimmte Apporthilfe | ☐ |
Hornsignale/Regelwerk für Strecke & Auswertung | ☐ |
Drückjagd: Ablauf & Praxis
Drückjagden leben von Ruhe und Übersicht. Hunde arbeiten spur- oder fährtenlaut, doch das Treiben bleibt moderat, damit Reh- oder Schwarzwild vertraut zieht. Die Schütz:innen stehen auf markierten Ständen – häufig auf Drückjagdböcken oder Leitern – mit klarem Schussfeld und abgesprochenen Sektoren. Gute Drückjagden sind präzise organisiert: Anwechsel, Wechsel, Hundeeinsatz, Zeitfenster – alles greift ineinander.
Kernpunkte einer Drückjagd:
- ruhiges Treiben
- ziehendes Schalenwild
- feste Stände mit freiem Kugelfang
✅ Mini-Checkliste Drückjagd
Das Wichtigste für den Stand – kurz & knackig:
Ausrüstung & Vorbereitung | ✔️ |
---|---|
Büchse mit Drückjagdglas oder Rotpunkt | ☐ |
Signalkleidung (Weste, Mütze/Bänder) | ☐ |
Fester Stand (Drückjagdbock/Leiter) mit freiem Kugelfang | ☐ |
Funk/Horn für klare Zeichen & Notfallkommunikation | ☐ |
Hunde-/Führerschutz (Weste, GPS) & Nachsuchenausrüstung | ☐ |
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Welche Jagdart passt zum Revier?
Waldreviere mit Schwarzwild- oder Rotwildbeständen spielen ihre Stärken auf der Drückjagd aus. Offene Feldlandschaften mit Hecken, Brachen und Schilf bieten ideale Voraussetzungen für Treibjagden auf Hase, Fasan und Rebhuhn. In Mischrevieren ist die Kombination beider Jagdarten oft die beste Lösung – zum Beispiel Drückjagd in den Holzteilen, Treibjagd in den Feldblöcken.
Merke: Die Revierstruktur entscheidet – nicht die Gewohnheit. Wer Bestand, Deckung und Biotopfolgen analysiert, trifft die bessere Wahl.
Weiterlesen (Teaser):
– Drückjagd optimal vorbereiten – Ausrüstung, Standdisziplin, Sicherheit
– Treibjagd im Feld – Ablauf, Organisation, Treibpläne
⚖️ Gesetzliche Regelungen (Bund & Länder)
Im Bundesjagdgesetz (BJagdG) fehlen Definitionen von Drück- und Treibjagd. Der Begriff „Treibjagd“ taucht lediglich in § 19 (sachliche Verbote) und § 33 (Schadensersatzpflicht) auf; „Drückjagd“ wird gar nicht genannt. Rechtliche Klarheit entsteht aktuell nur in einzelnen Ländern – und dort jeweils unterschiedlich.
Beispiele:
- Bayern (Art. 30 BayJG): Treibjagd = Teilnahme von mehr als vier Treiber:innen/Abwehrer:innen zusätzlich zu den Schützen. Quelle
- Baden-Württemberg (§ 8 Abs. 3 JWMG): Treibjagd = Jagd mit mehr als 15 Treiber:innen oder Schütz:innen. Quelle
Kurzfassung: Nur Bayern & Baden-Württemberg definieren die Treibjagd per Personenzahl. In weiteren Ländern existieren Regelungen zur Gesellschaftsjagd, aber keine einheitliche Abgrenzung von Drück- und Treibjagd. Fachlich bleibt die Unterscheidung klar, gesetzlich oft nicht.
§ Teilnahme mit Jugendjagdschein
Nach § 16 Abs. 3 BJagdG gilt: Inhaber eines Jugendjagdscheins dürfen nicht an Gesellschaftsjagden teilnehmen. Die genaue Schwelle zur Gesellschaftsjagd definieren die Länder unterschiedlich (z. B. Bayern ab 5 Personen; Baden-Württemberg ab 9; NRW ab 5; Schleswig-Holstein ab 4 Schützen).
In der Praxis bedeutet das meist: keine Teilnahme an Drück- oder Treibjagden mit Jugendjagdschein.
🐕 Hunde auf Bewegungsjagden – Pflicht & Praxis
Ohne brauchbare Jagdhunde fehlt Bewegungsjagden das Herz. Auf der Drückjagd stöbern sie weiträumig an und halten Fährten laut, damit Schützen Stücke frühzeitig verorten. Auf der Treibjagd bringen sie Niederwild hoch und apportieren zuverlässig. In vielen Ländern sind brauchbare Hunde gesetzlich vorgeschrieben – nicht nur aus Gründen der Waidgerechtigkeit, sondern auch für effiziente Nachsuchen.
Mehr zu Anforderungen und Landesvorgaben finden Sie z. B. beim Bayerischen Jagdverband (BJV) sowie auf den Seiten der Landesjagdverbände.
🦺 Sicherheit & Waidgerechtigkeit
Bewegungsjagden sind Teamarbeit. Sichtbarkeit, eindeutige Zeichen und ein gemeinsames Sicherheitsverständnis sind die Basis jeder Strecke. Signalkleidung ist Pflicht, Kugelfang und Winkel sind vor und während der Jagd zu prüfen, und es wird nur geschossen, wenn Ansprache und Hintergrund zweifelsfrei sind.
- Signalkleidung tragen (Kopf + Oberkörper)
- Schusssektoren & Kugelfang abgestimmt einhalten
- Klare Kommunikation: Horn-/Funkzeichen, Sammelpunkte, Notfallplan
Wildbrethygiene & Kühlkette
Wenn in kurzer Zeit mehrere Stücke erlegt werden, entscheidet die Organisation über die Qualität: zügiges Aufbrechen im Revier, strukturierte Streckenlegung, zeitnahes Kühlen und sauberer Transport sind Standard. Das dient der Lebensmittelqualität – und der Glaubwürdigkeit jagdlicher Praxis.
Weiterlesen (Teaser):
– Sicherheit auf Bewegungsjagden – Schussfelder, Signalkleidung, Kommunikation
– Wildbrethygiene bei Bewegungsjagden – Aufbrechen, Kühlkette, Transport
❓ Häufige Fragen (FAQ) zur Drückjagd & Treibjagd
Drückjagden zielen auf Schalenwild und werden ruhig bzw. moderat getrieben, damit das Wild vertraut zieht; geschossen wird typischerweise mit der Büchse. Treibjagden richten sich klassisch auf Niederwild im Feld, das aktiver bewegt wird; hier kommt vorwiegend die Flinte mit Schrot zum Einsatz.
Für die Drückjagd eignet sich die Büchse mit Drückjagdglas oder Rotpunktvisier für präzise Schüsse auf ziehendes Schalenwild. Für die Treibjagd ist die Flinte mit geeigneter Schrotstärke Standard, um auf hochwerdendes Niederwild sicher zu reagieren.
Nein. Nach § 16 Abs. 3 BJagdG nehmen Inhaber:innen eines Jugendjagdscheins nicht an Gesellschaftsjagden teil. Da Drück- und Treibjagden in der Praxis als Gesellschaftsjagden organisiert sind, ist eine Teilnahme in der Regel ausgeschlossen. Die genaue Schwelle zur Gesellschaftsjagd regeln die Länder unterschiedlich.
In vielen Bundesländern sind brauchbare Jagdhunde bei Bewegungsjagden vorgeschrieben. Sie sind für Stöbern, Apport und vor allem für tierschutzgerechte Nachsuchen unverzichtbar. Konkrete Anforderungen regeln die Landesjagdgesetze und -verordnungen.
Fazit
Fachlich ist die Trennlinie klar: Drückjagd steht für ruhiges Bewegen von Schalenwild im Wald mit der Büchse; Treibjagd für aktives Bewegen von Niederwild im Feld mit der Flinte. Rechtlich bleibt die Abgrenzung uneinheitlich – nur Bayern und Baden-Württemberg definieren die Treibjagd ausdrücklich über Personenzahlen, sonst regeln Länder meist nur die Gesellschaftsjagd. Entscheidend für die Praxis sind Revierstruktur, Besatz und Organisation: Wer Hunde, Sicherheit und Kommunikation im Griff hat, jagt waidgerecht – und erfolgreich.
Pirscher Praxistipp:
Passende Ausrüstung für die Saison finden Sie hier:
– Ausrüstung für die Drückjagd
– Ausrüstung für die Nachsuche
Quellen & weiterführende Infos:
– Deutscher Jagdverband (DJV): Bewegungsjagd
– Bayerischer Jagdverband (BJV): Jagdarten
– Bayern: BayJG Art. 30 (Treibjagd)
– Baden-Württemberg: JWMG § 8 (Treibjagd/Gesellschaftsjagd)